FEUILLETON-REZENSION: „Gott und Glück und Künstliche Intelligenz“

Rezension „Homo Deus“

„Gott und Glück und Künstliche Intelligenz“

 In den Geschichtsbüchern steht der Begriff „Industrialisierung“ so harmlos, als habe er nie Angst und Schrecken verbreitet. Und dennoch gab es in England um 1830 Menschen, die in mechanischen Apparaturen eine Gefahr sahen, die ihn, den Menschen, mit den Fähigkeiten seines Geistes und seiner Hände überflüssig machen konnte. Gefahren aber verursachen immer ein Streben nach Gefahrenabwehr,und in der Gefahrenabwehr begann die Geschichte der Missverständisse mit allen Entwicklungstendenzen, von denen zunächst Gefahren erwartet wurden. Ein solches Mißverständnis trägt den Namen „Maschinenstürmerei“. Richtig erkannten die Maschinenstürmer, dass durch die Industrialisierung ein Wandel der sozialen Lage entstehen konnte, der aus armseligen Lebensverhältnissen erbärmliche Lebensverhältnisse machen konnte. Falsch erkannten sie, dass nicht die Erfindung einer Maschine Ursache der Gefahr ist, sondern die fehlende Folgenabschätzung. In der fehlenden Folgenabschätzung unterscheidet sich der gegenwärtige Trend zur künstlichen Intelligenz und zur Eroberung der letzten Schöpferkompetenzen durch die Wissenschaft NICHT von der falschen Gefahrenabschätzung der Maschinenstürmer. Immerhin kommt keiner auf die Idee, Computer zu zerstören, weil sie Waffen lenken können. Soziale Gerechtigkeit, Krieg und Frieden, Umwelt und Ernährung, Bildung und Gesundheit sind die ewigen Scheiterhaufen der menschlichen Entwicklung. Und immer wieder machen Menschen weiter. Es ist, als gäbe es jenseits einer unbekannten Barriere einen Bereich des Seins, wo die gegeneinander gerichteten Widersprüche mit ihren zerstörerischen Auswirkungen doch noch überwunden werden können, und zwar durch den Geist. Das ist die HOFFNUNG in dem Buch „Homo Deus“ von Yuval Noah Harari. Denkt man jedoch an das Forschungspersonal und die Geldgeber, gesellt sich zur Hoffnung der Zweifel und zur fehlenden Erkenntnis wieder die falsche Gefahreneinschätzung. Das ist das BEDENKEN in dem Buch „Homo Deus“ von Yuval Noah Harari. Pressestimmen zufolge hat nämlich bisher auch der Teufel das Buch mit großer Aufmerksamkeit gelesen. Er zeigte sich darauf nicht direkt betroffen, sondern in seienr Selbstwahrnehmung als Teil des Guten bestätigt. Der Teufel soll sich beim Lesen lieber ärgern grün und blau. Oder lernen. Doch dazu ist es nötig, die Kritik am Produkt auf den Entwickler zurück zu spiegeln.
„Es waren immer die gleichen drei Probleme“, schreibt Harari: Hunger, Krankheit, Krieg. Nun soll das alles von Ausnahmen abgesehen gelöst sein, weil das Wissen immer mehr Mittel hervor gebracht habe, diese Probleme zu kontrollieren. Und wenn es mal nicht gelingt – ob Ebola, Terroranschlag oder Syrienkrieg – dann ist das erst verstörend und dann Anlass, mit den Anstrengungen fortzufahren, „jetzt erst recht, trotz alledem“. Die Startthese missfällt mir genau so wie ihr Gegenteil: Kriege gab es nie, weil sie zur Natur des Menschen gehören, und ein Vertrauen in die Rechtschaqffenheit einer marktprofitorientierten Wirtschaftsordnung reicht nicht aus, den Kapitalismus trotz seiner in der Währung Vertrauen erfolgten Bezahlung zum altruistischen Wohltäter der Weltprobleme zu machen.
Der Autor beschreibt das ergebnis der gesellschaftlichen entwicklung der letzten 100 Jahre als technologisches, ökonomisches und politisch-gesetzgeberisches Sicherheitsnetz. Was immer auch passiert: ernährt wird jeder, zumindest im Kreise der armen der entwickelten Industrieländer. Deswegen sagt man ja auch, die Hartz-Vier-Opfer sollen sich „nicht so haben“, denn „bei uns muss schliesslich keiner verhungern“.

Verhungern nicht. Hungern ja. Und Erscheinungen von Ernährungmangel oder schlechter Ernährung gibt es auch.

Immerhin schreibt der Autor, dass das Problem der Krankheiten unter anderem auch eine Angelegenheit der Reichen war. Denn sie hatten schon immer mehr Kontakte zur welt und zu unbekannen Krankheitskeimen. derr Autor befindet: Die Medizin hat Mittel, damit heute keine Seuchen mehr auftreten müssen, – aber nur in der entwickelten industriellen Gesellschaft. Hunger, Krankheit, Krieg: Immer nur woanders, nie aber in den führenden Wirtschaftsmächten. Ist das ein Verdienst des Westens, der mit Schuld behaftet ist?
Beim Komplex Gesundheit und Glück geht es um nichts anderes als die Unsterblichkeit. Hier hat der Autor einen hervorragenden Motivationsgedanken: Stellt euch vor, ihr könntet wirklich unsterblich sein. Würdet ihr dann euren Planeten immer noch tatenlos zumüllen? Oder lieber im Dreck leben? Ihr Messies. Der Autor meint: Wenn swchon ewig leben, dann wenigstens glücklich.

wissen Sie, so mit Wäldern, Seen und Fahrrad fahren an frischer Luft, Landidyll und saubere flüsse, statt Hofgangstristess in einem Hochsicherheitsgefängnis.

PS: Die Götterwerdung des menschen durch künstliche Intelligenz wird nichts, weil sie künstliche Intelligenz keine Seele kennt.

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