FEUILLETON-REZENSION: Mörderisches Schwerin

Rezension „Mörderisches Schwerin“

„Üppig wächst die Fantasie auf engem Raum“

Mit Erstaunen kann man zur Kenntnis nehmen, dass die Reihe Ostseekrimi aus dem Hinstorff-Verlag nichts unversucht lässt, um immer wieder frische Darstellungsformen von Krimis hervorzubringen. Die Anprobe verschiedener Darstellungskleider bekommt der literarischen Garderobe der Reihe ausgesprochen gut.
Jetzt im März 2017 hat Diana Salow den Krimi „Mörderisches Schwerin“ vorgelegt. Ähnlich wie die englische Autorin Dorothy Sayers mehrere Kriminalerzählungen um ihren Ermittler Lord Peter herum aufgebaut hatte, lässt Diana Salow die mörderische Fantasie Schwerins um die Person ihres Ermittlers Kommissar Thomas Berger kreisen. Thomas Berger muss im mörderischen Schwerin vier Fälle lösen. Deshalb heißen die Fälle mit Obertitel „Bergers erster Fall“, „Bergers zweiter Fall!“, „Bergers dritter Fall“ und „Bergers vierter Fall“. Zu besseren Unterscheidung bekommen sie noch einen Untertitel.
Der Berger wird im ersten Fall wie ein beinahe normaler Krimi-Ermittler mit Macken und Schrullen dargestellt. Er hat eine Assistentin, die um ein fehlendes h im Familiennamen fast genauso heißt wie eine Fernsehmoderatorin: Ellen Arnold. Mit der hat der Komissar etwas zu laufen. Die Menschen im Fall sind leicht ein spießig, die Sprache Standard und die Autorin scheint hier sozusagen sprachlich die Scheu vorm Formulieren abzuschreiben.
Des Bergers zweiter Fall ist dann schon der Übergang der Sprache vom zaghaften Formulierungstest zur üppigen Pracht der Elemente, die Krimis zu Krimis machen. Aber es vertieft sich auch der Eindruck, dass Diana Salow die Position des „allwissenden Erzählers“ bevorzugt. Wenn die Erzählung ein Witz gewesen wäre, so käme dies einer Erläuterung der Pointe noch vor ihrer Zündung gleich.
Dem Berger schlägt es im dritten Fall fast den Boden unter den Füßen weg. Er glaubt, ihn durch Alkohol zurück gewinnen zu können. Daher gibt es beklemmende Suff-Szenen und Einblicke in die gnadenlose Unumstößlichkeit der alkoholischen Fremdbestimmung. Der dritte Fall wirkt wie eine Fratze im Fieberwahn.
Den Berger kriegt das Schicksal dann doch nicht unter, sondern er im vierten Fall die Kurve. Diana Salow steigert sich von Fall zu Fall und wagt sich an immer handfestere Sachverhalte heran. Ihre vier Fälle sind Episoden eines von Mordtaten gefüllten Zeitraums. Die verbindende Linie zwischen den Fällen bekommt Diana Salow durch die außerordentlich stark hervorgehobene Beziehungsebene von Ermittler und Personen in seinem persönlichen Umfeld. Die Idee ist gut, könnte aber sprachlich verfeinert werden. Insgesamt sind Idee, Umsetzung und Originalität stellenweise hervorragend und ab und zu eine vielversprechende Fingerübung.

(Diana Salow, Mörderisches Schwerin, Hinstorff-Verlag, Rostock 2017)

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