FEUILLETON-ZEITGEIST: Wie gehts Euch, Hartz-Schöpfer?

Feuilleton-Zeitgeist

==============

Wie gehts Euch, Hartz-Schöpfer?

 Des Würgers ruhige Hand an der Kehle.

Ohne Sakko, mit weißem Hemd, stellte Gerhard Schröder sich am 14. März 2003 ans Rednerpult im Bundestag und verkündete eine Politik der Ruhigen Hand. So ruhig sollte die Hand sein, dass kein Hals den sozialen Würgegriff spüren würde, der sich gerade für die ersten Fingerübungen zur Erdrosselung von Arbeiterrechten, zum Ende der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und zur Unplanbarkeit des Lebens durch geringfügige Löhne auch für verantwortungsvolle Arbeiten bereit machte. Seitdem stehen Arbeiter vor einer rechten Gesetzkonstruktion. Der Lohn ist fort, geblieben ist die Zahlung im Krankheitsfall. Im Gesundheitswesen herrscht ein für die Patienten zum Teil mörderischer Wettbewerbsdruck. Operieren unter dem Druck von Zeit, Kosten und Wettbewerb ist unsozial. Kein anderer gesellschaftlicher Bereich hat soviel Subvention verdient wie das Gesundheitswesen.

Die Komplizen des Würgers
Der Rechtsanwalt Schröder hätte diese sozialpolitische Morgengabe für die Wirtschaft nie ohne seine Komplizen hinbekommen. Sie hatten die Aufgabe, die Verarmung der Arbeitslosen zu ersinnen und zugleich „Reform des Arbeitsmnarktes“ zu nennen. Den Betroffenen und der Öffentlichkeit sagten sie, diese Maßnahmen würden unter anderem auch eine Verringerung der Arbeitslosigkeit bedeuten. Nicht so deutlich sagten sie, dass die Anzahl der wieder Beschäftigten Menschen auch dadurch steigen kann, dass man sie in Niedriglohnbranchen steckt und in zeitlich befristete Arbeitsverhältnisse. Einen Nutzen von der Reform hatte nur die Wirtschaft, welche sich mehr Freiheiten im Umgang mit den Beschäftigten wünschte. Die arbeitsrechtlichen Errungenschaften mehrerer Jahrzehnte wurden von der Sozialdemokratie auf dem Altar des Kapitals geopfert.

Der Begriff Hartz-Vier-Opfer für die Menschen, denen Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zusammengelegt, in der Höhe aber nicht addiert, sondern gedrittelt werden sollten, ist schon im ersten Jahr von Hartz-Vier geprägt worden. Das war 2005. Der Name Hartz Vier ist untrennbar mit dem VW-Manager Peter Hartz verbunden, der fand, 345 Euro im Monat für die Gescheiterten am Arbeitsmarkt würden als Monatstaschengeld reichen. Peter Hartz braucht sich vermutlich niemals Sorgen machen zu müssen, als Pate einer Verarmungsgesetzgebung belangt zu werden. Mit den Gesetzen und ihrer Anwendung durch die Arbeitsgemeinschaften der Arbeitsagenturen und Sozialämter (Arge) müssen lediglich die Hartz-Vier-Opfer leben.

Bisher hat noch niemand richtig verstanden, und kein Politiker hat begründen können, wie man ausgerechnet auf diesen Betrag gekommen war. „Wegen der Huren“, hatte Volkes Zorn geschimpft, als Mitte 2005 offenbar wurde, dass Schmiergelder unter anderem zur Finanzierung kostspieliger Prostituierter verwendet wurden. Volkes Zorn ist nicht kausal, aber eindrucksvoll. Das mit den Huren hat jeder verstanden, die wirtschaftspolitischen Schmiergeldzahlungen sollen nun vor Gericht zur Sprache kommen.

Peter Hartz kriegt seinen Ruf nicht wieder rein und die Opfer trotz allem Fleiße keinen Fuß mehr auf den Boden. Hartz war der Einzige, der überhaupt aus der Sozialarbeitertruppe vor  Gericht stand, und zwar vor dem Landgericht Braunschweig. Aber nicht wegen Hartz Vier. Sondern weil die Sexausgabe nicht abgesprochen war und somit als Veruntreuung galt. Über Hartz Vier hat er selbst mal gesagt: „Dieses den Menschen verhasste Gesetz ist untrennbar mit meiner Person verbunden.“

Franz Münterfering und Wolfgang Clement bewiesen hingegen gar kein Unrechtsbewusstsein. Müntefering sprach von Sockelarbeitslosigkeit und meinte mit Sockel vermutlich die Schultern der Armen, die den Wohlstand von ihm und seinesgleichen zustande gebracht haben. Falls man Wohlstand überhaupt zustande bringen kann. Zustande bringen im Sinne von Herstellung oder Produktion oder Gemüseanbau jedenfalls nicht. Aber an diese Frage müssten klügere Leute als ich heran. Einmal als er Hedgefonds mit Heuschrecken verglich, da klang er flott wie weiland August Bebel. Aber am Sozialverrat durch Hartz Vier war er auch beteiligt. Schließlich war er Minister für Arbeit und Soziales. Die Früchte von Schröders ruhiger Hand brachte er als Morgengabe in das erste Kabinett Merkel ein.
Gegen Wolfgang Clement haben sich Strafanzeigen, aber keine Ermittlungen gerichtet. Der Fan der „Initative Neue Soziale Marktwirtschaft“, die „sozial“ durch „neoliberal“ ersetzt und damit den Arbeitsmarkt als Selektionsfeld der zwischen Starken und Schwachen, Leistungsträgern und Schmarotzern, Lebensfähigen und Verlierern geöffnet hat, hält offenbar die Reformen für notwendig, richtig und erfolgreich bezüglich der eingetretenen Ergebnisse.

Wenn DAS das geplante Ziel war, dann: „Gute Arbeit, Genossen. Wie gehts Euch, Hartz-Schöpfer? “ Und pfui Deibel auf Euch.

Dieser Beitrag wurde unter Feuilleton-Zeitgeist veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.