FEUILLETON-ZEITGEIST: Zwei Konferenzen

FEUILLETON-ZEITGEIST
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Zwei Konferenzen

Die Münchner Sicherheitskonferenz
Seit 1963 treffen sich jährlich im Februar Politiker und andere Einflussgrößen im Münchner Hotel „Bayrischer Hof“. Ihre Veranstaltung trägt den offiziellen Namen „Münchner Sicherheitskonferenz“. Beim ersten Treffen hieß sie noch „Wehrkundetagung.“ Jahr für Jahr legen die fähigsten Analytiker aus Militär, Krieg, Rüstung und Sicherheit dar, aus welchen Orten der Welt Gefahren und Bedrohungen kommen. Die wichtigsten Entscheider planen dann, wie sie die Gefahren und Bedrohungen vom eigenen Bereich fernhalten können. Das tun sie durchaus logisch, aber das Problem ist: Sie tun es kriegslogisch. Die Logik von Kriegen besagt: Es gibt kein besseres Mittel als Abschreckung und Drohung mit der Vernichtung des Gegners, um die Sicherheit im eigenen Einflussbereich zu bewahren.

Ein Programm der Konferenz ist vorab nicht zu erhalten. „Nur für akkreditierte Pressevertreter“, bedauert die Pressestelle. Die Frist endete aber schon am 10. Januar. Eine Nachakkreditierung ist nicht mehr möglich. Pech gehabt. Nein, denn die Webseite der Münchner Sicherheitskonferenz enthält ein paar gezielte Herauslassungen an Informationen, dosiert wie eine mehrteilige Fernsehserie. Am 14. Februar ließ die Münchner Sicherheitskonferenz einen englischsprachigen „Münchner Sicherheitsbericht 2017“ heraus. Der Bericht trägt den Titel: „Post-Faktum, Post-West, Post-Ordnung“. Also in etwa: Die Zeit nach den Tatsachen, die Zeit nach dem Westen, die Zeit nach der bisherigen Weltordnung“. Wenn also der Neoliberalismus seine Felle wegschwimmen sieht, dann fühlt er sich bedroht. Darum beginnt der Bericht mit einem Angstruf:

“Die Welt erlebt gerade eine unfreie Phase. Rings um den Westen breiten sich Unfreiheits-Kräfte aus. Innerhalb des Westens sind die Gesellschaften populistischen Bewegungen ausgesetzt, welche Elementen des liberalen demokratischen Zustands der Gesellschaft gegenüber kritisch eingestellt sind. Die westlichen Gesellschaften  werden von unfreien Regimen herausgefordert, die Zweifel an der liberalen Demokratie sähen wollen und versuchen, die internationale Ordnung zu stören.“

 Das ist sozusagen die Manöveraufgabe, die den versammelten Staatslenkern, Sicherheitsberatern und Militärtätigen gestellt wird. Sie kommen gemäß ihrer erlernten Sicherheitslogik, die eine Kriegslogik ist, zu dem Ergebnis, dass ein Abweichen vom neoliberalen globalen Wirtschaftskurs eine Bedrohung für den Westen ist. „Der Westen“ besteht aus seinen Konzernen und „Global Playern“, seinem Politikpersonal, seinem Machtpotential in Form von Polizei, Justiz und Militär sowie aus Heini und Erna, Heikki und Anna-Inari, Maurice und Chantal, Bolek und Loreena, Kjeld und Ivonne, James und Margret, Umberto und Laura, Dir und mir und vielen anderen, nach deren Namen die politischen Geschickelenker nie fragen, wenn sie ihre Pläne schmieden und umsetzen. Die Menschen fühlen sich hauptsächlich vor dem Verlust der sozialen Sicherheit bedroht. Wenn die garantiert wäre, würden sie viel abgeklärter auf die Einredungen einer antiwestlichen Migrationsgefahr reagieren. Politische Gelassenheit bedeutet, sich manchmal auch dezent an die Stirn zu tippen.

Die Internationale Münchner Sicherheitskonferenz
Seit 2003 – also zum 15. Mal – findet zeitgleich auch eine internationale Friedenskonferenz statt. Jahr für Jahr legen Kriegsgegner, Vertreter der christlichen Friedensethik und – im besten Sinne – Utopisten einer friedensfähigen Welt dar, was die vielen Friedensbewegungen von Deutschland, Europa und der Welt für Friedegen und soziale Gerechtigkeit tun können. Die wichtigsten Inititatoren wollen mobilisieren, aktivieren und argumentieren, um das Thema Frieden nicht wie bisher der Politik und dem Militär alleine zu überlassen. Das tun sie durchaus logisch, aber das Problem ist: Sie tun es friedenslogisch. Die Logik des Friedens besagt: Wenn ich den Arm des Gegners festhalte, kann ich eventuell Sicherheit vor einem Schlag ins Gesicht haben. Ich kann ihm aber auch die Hand reichen und wahlweise tanzen oder am Gemeinwohl bauen. Dann kann ich mir sowohl dessen sicher sein, dass er mir nicht ins Gesicht schlägt, und ich mache zukünftige Drohungen mit Schlägen überflüssig. Abrüstung und gemeinsames Wirken zur Bewahrung der Schöpfung gehen über Sicherheit hinaus, denn sie bedeuten Frieden. Einer auf Bitte zugeschickten Pressemappe kann man den Ablauf der geplanten Gegenveranstaltung zur Münchner Sicherheitskonferenz entnehmen.

Zuerst geht es um die Frage, ob die NATO mit Russland kooperieren sich „mit ihm“ konfrontieren soll. Danach wird eine Folgenabschätzung von Kriegen, also des Kommenden, wenn er nicht verhindert wird, vorgenommen: „Wie werden wir zukunftsfähig angesichts von Krieg und Umweltzerstörung?“ heißt die Frage dann kommt das nächste Thema: Ist es möglich und wenn ja wie gewaltfrei Drohnenkriege zu verhindern? Am zweiten Tag stehen dann Friedenserziehung und Friedensethik auf der Tagesordnung. Am Ende steht ein gemeinsames Friedensgebet.

Ich fürchte, beten allein ist wie eine Online-Petition zu unterschreiben. Man hat was getan, aber es wirkt nicht so ganz. Darum kommt hier noch eine unvollständige Liste von Handlungsgruppen:

Deutsche Friedensgesellschaft-Vereinigte Kriegsgegner
Future Zwei – Stiftung Zukunfstfähigkeit
Netzwerk III
Codepink
Internationaler Versöhnungsbund
Pax Christi

 

 

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