BEWEGUNGSMELDER: Innenpolitische Immobiliendeals

Feuilleton-Zeitgeist
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„Innenpolitische Immobiliendeals“

Ein Haus und eine Hausmacht.
Als es noch Kleinstaaten und Kleinherren mit Großmachtsansprüchen gab, hatten sie im weitesten Sinne die gleiche Aufgabe zu bewältigen, die heute parteipolitische Damen und Herren zu bewältigen haben, wenn sie sich im Politikbetrieb durchsetzen wollen: Sie brauchen eine Hausmacht. Eine Hausmacht hat man, wenn man gegen den Parteichef stänkern kann und dennoch so viele Unterstützer besitzt, dass man auch beim nächsten Mal zur Wahl einen garantierten Listenplatz bekommt. Eine Hausmacht zeigt sich heute in der größe und der Qualität der Vernetzung. Vor nicht allzu langer Zeit sagte man dazu „Beziehungen“. Vor etwas längerer Zeit, im Mittelalter ungefähr, war ein festes Haus Symbol einer Hausmacht. Das „feste Haus“ war aber mindestens eine Burganlage mit Bewirtschaftungsgrundlage. Mit einer Bewirtschaftungsgrundlage war es immer ein Stück weit möglich, den chronisch klammen Finanzbedarf zu decken oder die Löcher in der Kasse wenigstens nicht allzu groß werden zu lassen. Insoweit geht es Parteien, ihrem Führungspersonal und jungen Absolventen von Karrierebrütern, die noch etwas werden wollen, wie den aufstrebenden Rittern, Junkern und Baronen des Mittelalters.Es gibt aber auch noch einen Gegensatz zum Hausmachtskonzept. Das ist das uralte Streben nach eigenem Hof und eigenem Land, mit dem sich eine Familie oder Sippe über Generationen hinweg ernähren könnte.

Spekulatives und Politisches Landgrabbing.
Wer mit Landwirtschaft reich werden will, verdrängt Konkurrenten. Darum sind selbst ungenutzte Brachflächen heiß begehrt. Selbst man sie nicht nutzen kann, kann man andere an der Nutzung hindern. Auch verfallene Gehöfte sind – solange man den Denkmalschutz mit seinen Vorgaben draußen lassen kann – sind durchaus interessant. Eine abgelegene Baumschule für den unkontrollierten Anbau von Cannabispflanzen kann da genauso interessant werden wie ein undurchschaubarer Eintrag von Wegerechten über fremde Grundstücke. Wenn einmal ein Wegerecht im Grundbuch steht, ist es fast so schwer wieder zu entfernen wie ein lästiger Pickel am Hintern. Entscheidend ist bei Grundstücksgeschäften, wer wann als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist. Das hängt zum Teil von der Bearbeitungszeit im Grundbuchamt ab und zum Teil von der beschleunigenden Wirkung des Käuferportemonnaies auf den Bearbeitungseifer. Wessen Betrieb als Landwirt zu klein ist, um Versicherungen, Bauvorschriften, EU-Regelungen und dann auch noch Steuern zu zahlen und Investittionskredite zu bezahlen, gerät sehr schnell ins Visier von Investoren, deren Ziel es ist, sich das Land zu greifen. Daher nennt man dieses „Geschäftsmodell“ Landgrabbing. Spekulatives Landgrabbing zielt einfach nur auf den jämmerlichen Profit, den man aus dem Boden ziehen kann. Das politische Landgrabbing drängte sich Ende Januar 2016 erneut auf. Dies geschah durch einen Newsletter der frankfurter Politiktätigen Jutta Ditfurth. Sie schrieb darin, dass das Rittergut Kohren-Salis vom Amtsgericht Leipzig versteigert wurde und dass seitens des Neubesitzers der Verwendungszweck „KZ“ angegeben worden sei. Ob die Aussage tatsächlich gemacht wurde, konnte niemand sagen. Alle, die Kenntnis von ihr hatten, sagten, sie würden die Aussage nur aus der Presse kennen. Das ist ein wenig wenig. Stattdessen kann man aber heraus finden, dass die Versteigerung bislang noch gar nicht rechtskräftig wurde. Denn es gibt zwei Widersprüche gegen die Eigentumsübertragung der Flurstücke BV-Nr. 1, Flst. 360/2 zu 430 Quadratmeter und BV-Nr. 2, Flst. 360/8 zu 60.046 Quadratmeter. Über zwei der vorherigen Besitzer schrieb Ditfurth, einer sei ihr antisemitischer Urgroßonkel gewesen und der letzte vor der jüngsten Versteigerung ein Herr Karl-Heinz Hoffmann, der als Beruf „Leiter einer Wehrsportgruppe“ angab. Das mag mindestens einen der eingelegten Widersprüche gegen die Besitzübertragung erklären. Die Widersprüche werden zur Zeit noch geprüft, erklärt das Amtsgericht Leipzig. Eine neue Entscheidung müßte dann das Landgericht fällen. Darum kann das Grundbuchamt auch keine Informationen über Bebauung und Erschließung heraus. Diese könnten aber weiterprüfbare Hinweise auf Nutzungsmöglichkeiten oder beabsichtigte Verwendungszwecke enthalten.

Der Rest ist schon Archiv.
Zum Thema Landgrabbing – ob politisch oder spekulativ – besagen ausreichend Informationen, dass das Landgrabbing kein Einzelfall ist. Es sind aber zu wenig und zu schlecht geordnete Informationen, um Aussagen über eine neue Landverteilung mit welchem theoretischen Nutzungspotential zu machen. Landgrabbing betraf zunächst auch nur Fälle, in denen die Existenzgrundlage Boden Menschen in Entwicklungsländern entzogen wurde. In Deutschland tauchte das Begriffsgespenst mit der vereinigungsbedingten Sonderkriminalität auf. Ein politischer Witz der Wendezeit ging so: „Die Einheit ist erst dann abgeschlossen, wenn kein Ossi mehr im Grundbuch steht.“. Medial interessant wurde Immobiliengeschäfte erst dann, wenn im Zusammenhang mit den Geschäftspartnern wahlweise von alten Seilschaften oder politischen Rechtsaußen-Parteien berichtet werden konnte. Eine zufällige Anfang Anfangssammlung lieferte Fundstellen in den Zeitungen Märkische Oderzeitung, Sächsische Volkszeitung, Tagesspiegel, Focus, Spiegel Online und Stuttgarter Zeitung. Darüber hinaus gab es innerhalb der Artikel auch einen Bezug zu einer parlamentarischen Anfrage betreffend den Immobilienerwerb rechtsextremer politischer Strömungen. Eine private Website befasst sich ehrenamtlich mit dem Anfangsversuch, Übersicht in die politischen Besitzverhältnisse von Immobilien zu geben: netz-gegen-rechts, auch mobile Beratung in Thüringen genannt. In kurzer Zusammenfassung lautet das Ergebnis: Rückgehend bis 2010 sollen sich derzeit 260 Immobilien im Beitz oder regelmäßiger Nutzung durch Rechtsextreme befinden. 48 Objekte sollen sich in Sachsen befinden. 27 in Thüringen und 26 in Bayern. Ein Drittel ist unmittelbarer Grundbesitz, zwei Drittel werden nach Bedarf angemietet oder sind dauerhaft in Miet oder Pacht.
Bleibt zu beobachten: Zur Zeit verbreitet sich der Eindruck, dass manche Immobiliendeals innenpolitische Auswirkungen haben. Bisher widerspricht nichts dem Eindruck, dass sich damit der Neoliberalismus auf einen globalisierten Endkampf vorbereiten könnte. Dann aber sst der Neoliberalismus eine Gefahr für den Weltfrieden.

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