REZENSION: Mein Kampf gegen rechts

Rezension „Mein Kampf gegen rechts“

„Der Umgang mit Adolf Krakeelnik: Verkrampfte Reflexe“

Es gibt ein Buch, welches nach dem Ende des Urheberrechtschutzes Gemeingut wurde. Theoretisch kann es jetzt jeder ohne Beachtung von Urheberrechten veröffentlichen. Da wollte ein verein Zeichen setzen und eröffnete den Kampf um die Deutungshoheit seinerseits mit dem Titel Mein Kampf gegen Rechts – was wie eine Anlehnung an eine der ersten Rezensionen der 26er Werkvorlage klingt. Die hieß „Mein Kampf mit der deutschen Sprache“. Leider nicht belegbar. Weder im Archiv der Vossischen Zdeitung noch im Internationalen Zeitungsarchiv Aachen war eibn Beleg zu finden, obwohl seine Existenz stets behauptet wird.

Nun ist es so: Manche reduzieren den Inhalt eines Buches auf den Nachwortautoren, dem sie zu besonderem Dank verpflichtet sind. Andere schauen sich das Buch wenigstens an. Der Krampf mit dem Buch begann schon 1926, als der weitgehend unbekannte Adolf Krakeelnik sein Erstlingswerk „Mein Kampf“ vorstellte. Es soll etwa 56 Rezensionen in deutschsprachigen Zeitungen geben. Zusätzlich gab es in den Feuilletons auch noch Verbalscharmützel unterschiedlich gefärbter Geistesgrößen. Adolf Krakeelnik hätte sein Buch auch „Ich über mich aus der Sicht von mir und was ich tue, wenn Ihr mich lasst“ nennen können. So geriet schon der Titel dem Nachwuchsschrifteller zur Lüge. Und die feuilletonistischen Geistesgrößen spotteten nur über den Sprachgebrauch von Adolf Krakeelnik. Weil es so naheliegend ist, fügten sie dem Wort Kampf ein r bei, so dass die Rezensionen Titel trugen wie „Mein Krampf mit der deutschen Sprache“. Das Lächerliche wurde jedoch zur Grausamkeit, als es sich skrupellos der Gewalt bediente. Gerade 2016 endeten die Urheberrechte des Buches, die allein Nachdrucke in Lizenzen erlaubt hätten. Im Urheberrecht nennt man das Ende des Urheberrechtsschutzes 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers oder seiner direkten Nachfahren „Gemeingutwerdung“ des Erzeugnisses. Bei Krakeelnik gab es keine Nachfahren – außer im Geiste -, so dass das Buch 2016 abschließend gemeinfrei wurde. Schon geht das Gezerre los. Soll es für den Schulunterricht freigegeben werden, und wenn ja, wie sollen junge Leser dann noch in der Fülle von Anmerkungen, Kommentaren und Fußnoten den eigentlichen Text erkennen? Meine Faustregel zur Textechtheit dieses Buches: Je heftiger das Kotzen und je ekliger die Alpträume, desto originalgetreu ist der Nachdruck. Ähnlich musste das auch der Europaverlag empfunden haben, der gerade unmittelbar, nach der Gemeingutwerdung seinerseits das Buch „Mein Kampf – gegen rechts“ heraus brachte. „Mein Kampf“ sieht in Layout der zwei Titelwörter und in der verwendeten Schrifttype samt farblichem Hintergrund wie ein Faksimile des zugrundeliegenden Originals aus. In dem Buch erinnern mehrere Prominente daran, was ihr eigenes Tun und ihr eigenes Leben mit Widerstand gegen den Nationalsozialismus und Widerstand gegen ein neuerliches Erstarken von Adolf Krakeelniks „Gedankengut“ verbindet. Oft ist von Kampf die Rede, aber das Wort erhält immer das Attribut gewaltfrei. Kämpfe, die mit Gewalt ausgetragen werden, erzeugen ihre „Feinde“ meistens erst dadurch, dass sie Feinde ernennen, die zu vernichten oder zu beseitigen seien. Feindschaften kann man aber auch beseitigen, in dem man sie unwirksam macht. Nazis ohne Gewalt sind einfach bloß lächerlich, Militärmusikkorps können sogar recht unterhaltsam wirken – Stichwort Operette, und ein gemeinsames Lachen erzeugt eine schöne Grundstimmung für ein freies Leben. Daher kommt es, das beim Umgang mit Adolf Krakeelnik und neuerdings auch wieder seinem Buch demokratische Reflexe auftreten. Aber wenn die Refelxe noch stimmen, ist noch Leben vorhanden. Das Merkwürdigste überhaupt an dem Buch ist, dass es im Grunde keinen namentlichen Verfasser hat und als Herausgeber einen Verein mit dem Namen „Gesicht zeigen“ nennt. Man darf vermuten, dass das Feuilleton sein letztes Wort noch nicht gesprochen hat. Auch wenn es lieber zum Zeitgeist übergehen will.

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