BEWEGUNGSMELDER: Übellaunige Töne gegen Griechenland

BEWEGUNGSMELDER

Übellaunige Töne gegen Griechenland

 Die neue Regierung in Griechenland will sich keine Sparvorschriften aus Brüssel und Berlin machen lassen. Sie hat dem Dreiergespann aus Europäischer Kommission, Internationalem Währungsfond und Europäischer Zentralbank mitgeteilt, dass Griechenland nicht länger unter deren Fuchtel steht. Ab jetzt werde nicht mehr nach fremden Anweisungen auf Teufel komm raus privatisiert, verarmt und sozial abgebaut, nur damit ein paar Banken gerettet werden können. Wo die Mittel nicht zum Leben reichen, kann man nicht noch Sparrücklagen bilden. Jedes Hartz-Vier-Opfer weiß das. Nun aber war es mal interessant, Medienformulierungen und Politikerzitate miteinander zu vergleichen.

 Als in der Ukraine-Berichterstattung die Formulierungskünste der Medien ihren Höhepunkt erreicht hatten, fiel die Webseite des Nachrichtensenders N-TV noch durch vergleichsweise moderate Wortwahl auf. Seit Ende Januar geht es aber um die neue griechische Regierung und deren Maßnahmen. „Die griechischen Deutschlandhasser“ titelte ein Kommentator. Eine „vogelwilde Koalition“ habe Alexis Tsirpas gebildet. Der Linke Alexis Tsirpas und der Rechte Panos Kammenos seien „Rumpelstilzchen und der böse Wolf“ in der Europäischen Union. Außerdem warnte der Kommentator vor bislang unbekannten „düsteren Absichten“ – als ob es solche in der gesamten Europäischen Union nicht schon längst gegen die Armen gebe. All das erkannte der Kommentator an folgenden Aussprüchen von Alexis Tsirpas: „Schäuble und Merkel betreiben die Germanisierung Europas und die Kolonisierung Südeuropas“. Und dann noch: „Wir werden das Vierte Reich schlagen.“ Wann, wo und in welchem Zusammenhang die Zitate auftraten, teilte der Kommentator nicht mit.

Die Süddeutsche Zeitung blieb am 27. Januar vergleichsweise moderat. Spiegel Online aber schrieb: „EU-Politiker entsetzt über griechischen Linksschwenk“. Ich musste auch zweimal lesen, um zu verstehen, dass für diese Formulierung nicht die Satire-Rubrik „SPAM“ verantwortlich ist. Der Beinahe-Chef der Europäischen Kommission, Martin Schulz, wird zitiert: „Ich werde mit Tsirpas Tacheles reden“. Außerdem habe Schulz festgestellt: „Ich habe mit Entsetzen gelesen, dass Griechenland die gemeinsame Position gegen Russland aufgegeben hat“ Ja sind denn die Griechen des Teufels? Folgerichtig ergab sich für Spiegel Online die Frage: „Wie Europa Tsirpas zähmen kann“. Was macht dann der gezähmte Widerspenstige? Geht er mit Russland Eurasisch?

Ein solches eurasisches Gastmahl will die Bundesregierung keinesfalls dulden. Vermutlich hieß es am 30 Januar aus diesem Grunde: „Bundesregierung bereit zu 20 – Milliarden – Paket für Athen“

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