Bewegungsmelder: Der Sinn von Steuern und der Unsinn von Gefängnis

BEWEGUNSMELDER

Der Sinn von Steuern und der Unsinn von Gefängnis“

 Am 13. März 2014 verurteilte ein Richter einen Steuerhinterzieher zu drei und einem halben Jahr Gefängnis. Fast alle öffentlichen Diskussionen drehen sich um die Dauer der Haftstrafe und die möglichen Haftbedingungen. Von dem Vermögen und dem hohen Steuerbetrag ist keine Rede. Behält der das Geld? Ist das nach der Haft rechtmäßig seins?

Ein Mann hinterzog 27 Millionen Euro Steuern. Das bedeutet, dass er Einkünfte verschwiegen hat, von deren Höhe dem Fiskus 27 Millionen Euro zugestanden hätten. Steuern sind immer nur Teil des Ganzen. Es bleibt in jedem Fall etwas übrig. Wenn die Abgabenordnung gerecht ist, können Steuern die Existenz des Steuerzahlers nicht gefährden. Im Idealfall dient die Summe der gezahlten Steuern der Finanzierung staatlicher Pflichtaufgaben, zum Beispiel Gesundheit, Kultur, Öffentlicher Verkehr und die Existenzhilfe für Ausgegrenzte und Angeschmierte. Würden Steuern die Existenz gefährden, wäre Steuerbetrug einfach nur Notwehr.

Der Mann, der 27 Millionen Euro hinterzog, hatte eigentlich nur das getan, was den Kapitalismus im Innern seines Unwesens ausmacht. Der Liedermacher Konstantin Wecker kommentierte das so: „Dieser Mann – und das kann man ihm gar nicht übel nehmen, wenn man bedenkt, wie er jahrzehntelang hofiert und angeschleimt wurde – dieser Mann wird nie verstehen, dass er irgend etwas falsch gemacht haben soll. In seinem Universum hat er auch nichts verbrochen. So funktioniert nun mal das System, und der Uli ist ein ehrenwerter Mann.“ Moralische Entrüstung konnte der Kapitalismus nicht verstehen, weil Moral dem Kapitalismus komplett fremd ist. „Issn dis?“, würde der Kapitalismus fragen, wenn er Berliner wäre.

Nun hat der Staat ihm also Gefängnis aufgebrummt. Ersetzt das dem steuergeschädigten Staat seinen Schaden? Gibt der Staat nun Steuermittel aus, um die Strafkosten eines einzusperrenden Steuerbetrügers zu zahlen? Und wer bringt die Mittel auf? Handwerker? Kleingewerbler? Neulich sah ich eine Karikatur. Da standen zwei Vorstands-Seidenhemdler am Bürofenster, unten schlurfte ein Arbeitsloser lang, und der eine sagte: „Sehnse den ollen Zausel da unten? Der bezahlt monatlich unsere Stromrechnung.“

Was also nützt eine Strafe, die nicht den Schaden wieder gut macht? Gefängnis ist wirklich keine Wiedergutmachung. Wenn hinterzogene Steuern den Steuerzahlern gehören, dann sind aus diesen Mitteln unverzüglich steuerfinanzierte Sozialleistungen zu finanzieren. Ich denke da schon wieder an das Bedingungslose Grundeinkommen.

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